Zurückliegende Veranstaltungen
KELKHEIM KENNENLERNEN 2024
Zeitreise
in das historische Eppenhain
Von Revolutionären, Villen, Nationalsozialisten und einem engagierten Lehrer
Eine Erlebnisführung mit Museumspädagogin Marianne Bopp und Stadtarchivar Julian Wirth
am Sonntag, 21. April 2024, um 15:00 Uhr
Eppenhain ist die unbestrittene Perle des Taunus! Doch diese Perle ist vom Kelkheimer Stadtgebiet verhältnismäßig weit entfernt, eine Straße führt hinein, die gleiche Straße führt hinaus, klein und versteckt, umgeben von Bergen.
An jenem Tag, als Marianne Bopps und Julian Wirths Führung stattfand, war es kalt und bewölkt. Am Morgen hatte es sogar noch geschneit. Und das Mitte April.
Die Museumspädagogin und der Archivar rechneten nicht mit besonders vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Vielleicht 10, maximal 20. Überlegten sogar, ob die Führung abgesagt werden müsse. Doch letztlich war Absagen keine Option.
Etwa eine halbe Stunde vor Führungsbeginn trafen sich Bopp und Wirth, um noch einige Details zu klären. Es dauerte nicht lange und die ersten Interessierten trafen an der Turnhalle, dem Startpunkt der Führung, ein.Und es wurden immer mehr. Zum Schluss zählte Petra Krause vom Museumsverein Kelkheim rund 100 Personen. Große Verwunderung über diese “Masse” beschreibt treffend, was Marianne Bopp und Julian Wirth empfanden. Vielleicht auch ein Hauch von Lampenfieber.
Unter den 100 Personen waren auch und im Besonderen viele Eppenhainer, die an der „Zeitreise“ teilnehmen wollten. Das Taunusdorf zeigte Präsenz.
Julian Wirth begann die Führung, indem er sich für die unerwartet hohe Anzahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern bedankte. Doch dann ging er in medias res. Schließlich ist Eppenhain vollgepackt mit Geschichte.
Einer Geschichte, die 1285 mit der ersten urkundlichen Erwähnung beginnt. Die Herren von Eppstein verlangten darin kastrierte und gemästete Hähne.
Dass der sagenhafte Ritter und Erbauer der Eppsteiner Burg Eppo das Dorf gegründet habe, gehört aber wohl eher in das Reich der Mythen, ist jedenfalls nicht belegt.
Die Schar setzte sich in Bewegung, auf dem Weg zur nächsten Station der Führung.
Marianne Bopp wusste viel über das verwunschen wirkende Haus Tanneck zu berichten. Es handelte sich einst um ein Landheim der Frankfurter Bettinaschule. Auch über das Haus Rossert wusste sie bestens Bescheid, sprach über die „gute alte Zeit“, als der Fremdenverkehr in Eppenhain noch boomte.
Weiter ging es in Richtung Friedenslinde. Julian Wirth erzählte der „Menschenmenge“ die (Vor)geschichte des 30jährigen Krieges. Erzählte über Kometen im Jahr 1619, den Zorn des lieben Gottes, Monarchen, Adelshäuser, Staaten, Macht und das schreckliche Leiden der kleinen Leute, auch in Eppenhain. Erzählte, dass wir bis heute Auswirkungen dieses Krieges spüren, dass sogar die Nachnamen heutiger Eppenhainerinnen seine Geschichte erzählen.
Marianne Bopp war es, die uns aus dem Krieg errettete und von der Schule des Dorfes sowie dem sogenannten Theodorhaus erzählte. Die Schule war einst mehr als nur Bildungseinrichtung. In ihr war auch das Badehaus der Gemeinde untergebracht. Das Theodorhaus wiederum war eine soziale Einrichtung für mittellose Näherinnen. Hier, im Taunus, war es ihnen möglich, sich von den Strapazen ihres mühseligen Alltags zu erholen. Stifterin war Freifrau von Knoop, eine reiche Wohltäterin aus Wiesbaden.
Doch das für Eppenhain sicherlich bedeutendste Haus trägt den Namen Montesita. Bopp erklärte, dass es von niemand Geringerem als August Gasser 1895 errichtet worden war. Gasser kann zu Recht als der Modernisierer Eppenhains gelten. Das Kurhaus Montesita gab er in Auftrag und begründete damit den Aufstieg des Taunusdorfes zum beliebten und attraktiven Luftkurort. Wirth ergänzte, dass in den 1960er Jahren jährlich manchmal über 10.000 Übernachtungen gezählt wurden.
Vom “Kurhaus” ging es nun in Richtung Kirche. St. Josef wurde 1908 geweiht, so wusste Wirth zu berichten. Über Jahrhunderte hinweg blieb den Eppenhainer nichts anderes übrig, als nach Schloßborn oder Fischbach zu ziehen, um die Hl. Messe zelebrieren zu können. Zwar gab es Orte der Andacht, doch erst der Kirchenbau brachte eine dauerhafte und zufriedenstellende Lösung. Die Eppenhainer packten dabei tatkräftig mit an und spendeten.
Überhaupt wurde der ganze Kirchenbau erst durch eine Spende ermöglicht. Eine fromme Frau aus Breslau gab das notwendige Startkapital.
Und weiter, immer weiter ging es. Eppenhain ist unerschöpflich an Geschichte und Geschichten. Julian Wirth sprach über das alte Rathaus, das lange Zeit gar kein Rathaus, sondern ein Schulhaus mit Andachtsraum war. Erzählte von der Villa Waldrausch und ihrem Erbauer, einem reichen Kaufmann in französischen Diensten.
Eine der sicherlich faszinierendsten Eppenhainer Geschichten ist - so meint zumindest Wirth - diejenige der Villa Hochschild. Einst Sommerresidenz eines Industriellen jüdischen Glaubens, später enteignet im Dritten Reich und durch die Stadt Frankfurt an die SA verpachtet. Noch heute befindet sich die Villa im Besitz Frankfurts. Eine angemessene Entschädigung hat vermutlich nie stattgefunden. Ein Stück NS-Geschichte mitten in Eppenhain. Man würde es nicht unbedingt vermuten.
Den Abschluss bildete der Atzelbergturm. Gerade erst 2023 eröffnet, geht er auf seinen Vor-Vor-Vorgänger, den Luisenturm von 1914 zurück.
Marianne Bopp und Julian Wirth sprechen den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern der Führung ihren Dank aus. Es hat großen Spaß gemacht. Schließlich sind es am Ende die Eppenhainer, die ihr Dorf zur Perle des Taunus machen.
Text: Julian Wirth
Fotos: Wolfgang Pfankuch
Sonntag, 21. April 2024 15:00 Uhr