Zurückliegende Veranstaltungen
Führung und Signierstunde
am Samstag, 24. Juni, 2023, 15:00 Uhr
in der Alten Kirche Hornau, Rotlintallee
mit Torsten Weigelt, Autor des Buches
"Gagern - Pioniere der deutschen Demokratie"
Zur abschließenden Führung durch die Sonderausstellung „Demokratie weiter denken – Die Freiherren von Gagern als Wegbereiter der parlamentarischen Demokratie” konnte Torsten Weigelt am Samstag, 24. Juni, prominenten Besuch in der Alten Kirche Hornau begrüßen:
Oliver von Gagern, ein Nachkomme Heinrich von Gagerns, war mit Ehefrau Lydia und Tochter Katharina extra aus der Eifel angereist. Weigelt, stellvertretender Vorsitzender des Museumsvereins und Autor des Buches „Gagern – Pioniere der deutschen Demokratie”, erläuterte ihnen und den anderen Besucherinnen und Besuchern zunächst das Konzept der Ausstellung: ausgehend von der Familie von Gagern und ihrem Hornauer Hofgut werden Geschichte und Gegenwart unserer Demokratie beleuchtet und Denkanstöße für deren Zukunft gegeben. Die moderne Demokratiegeschichte erscheint so als Prozess, der im späten 18. Jahrhundert begonnen hat und bis heute nicht abgeschlossen ist. Das verdeutlichte in der Ausstellung unter anderem ein Demokratieindex, der alle zwei Jahre von der Zeitschrift „The Economist” aufgestellt wird.
Anschließend stellte Weigelt die Hauptdarsteller der Ausstellung vor: Charlotte und Hans-Christoph von Gagern, die 1818 das Hornauer Hofgut gekauft und zu ihrem Wohnsitz gemacht hatten, sowie ihre drei „politischen Söhne” Friedrich, Heinrich und Maximilian.
Es ging um das Familienleben in Hornau, aber auch um die politischen Ambitionen der Söhne, die 1838 ihren symbolischen Ausdruck im „Staufenschwur” auf dem Fischbacher Hausberg fanden. Zudem erläuterte Weigelt den historischen Hintergrund für das oppositionelle Engagement der Gagern-Brüder – den Deutschen Bund, der der von ihnen geforderten Entwicklung Deutschlands hin zu Einheit, Freiheit und politischer Mitbestimmung im Wege stand. Dass es auch in Hornau nicht immer nur harmonisch zuging, belegte er durch einen Auszug aus seinem Buch, der von einem Streit zwischen Vater Hans Christoph und seinem Sohn Heinrich über dessen Agieren im Landtag von Hessen-Darmstadt handelte und sich im Kuhstall des Hornauer Hofgutes abspielte.
An der nächsten Ausstellungsstation ging es dann um die Revolution von 1848 und die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Deutlich wurde, dass die Familie von Gagern während dieser Zeit fast omnipräsent war. Heinrich und Max zogen als gewählte Abgeordnete in die Nationalversammlung ein, während ihr Bruder Friedrich einen umstrittenen Militäreinsatz gegen badische Republikaner um Friedrich Hecker anführte, bei dem er selbst ums Leben kam. Am Beispiel dieser Auseinandersetzung erläuterte Weigelt die unterschiedlichen Vorstellungen innerhalb der Revolutionsbewegung (Monarchie vs. Republik) und deren problematische Polarisierung in den ersten Revolutionswochen. Es ging aber auch um die Arbeit des Parlaments und die unterschiedlichen Rollen, die Heinrich und Max von Gagern darin ausfüllten: Heinrich stand als Präsident im Mittelpunkt des parlamentarischen Geschehens und der öffentlichen Wahrnehmung, dagegen begnügte sich Max mit einem Platz in der zweiten Reihe (Vize-Vorsitzender des Verfassungsausschusses und Staatssekretär im Außenministerium).
Die Frage nach dem Scheitern oder den – langfristigen Erfolgen – von Revolution und Nationalversammlung stand am Ende der Führung. Zwar gelang es dem Paulskirchenparlament nicht, die von ihm beschlossene Verfassung für einen einheitlichen deutschen Staat wirksam werden zu lassen, doch griffen spätere Generationen das Dokument von 1849 in der Weimarer Verfassung und dem Grundgesetz wieder auf – insbesondere den im Zentrum der Ausstellung stehenden Grundrechtekatalog. Zum Abschluss gab Torsten Weigelt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Führung noch ein Zitat des einstigen britischen Premierminister Winston Churchill mit auf den Weg: „Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür klingelt und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe.”
Text: Torsten Weigelt
Fotos: Jürgen Moog
Samstag, 24. Juni 2023 15:00 Uhr