Zurückliegende Veranstaltungen
Tag des offenen Denkmals
HÜGELGRÄBER DER BRONZEZEIT IN DER „HALBEHL“
aus dem 16. bis 12 Jahrhundert v. Chr.
Führung zur Vor- und Frühgeschichte mit dem Archäologen Sascha Piffko, M.A. und Archivar Julian Wirth, M.A.
Anlässlich des Tags des offenen Denkmals luden das Kulturreferat der Stadt Kelkheim sowie der Museumsverein zu einer ganz besonderen Wanderung ein.
Bei hervorragendem Wetter begrüßten Sascha Piffko vom Grabungsunternehmen SPAU und Julian Wirth vom Stadtarchiv Kelkheim über 40 Interessierte und Geschichtsbegeisterte am Parkplatz Rettershof. Ziel des „Exkursionstrupps“ war das größte Hügelgräberfeld des MTK in der Fischbacher Halbehl. Die dort gelegenen 50 Hügelgräber zählen zu den ältesten sichtbaren Bauwerken der Menschheitsgeschichte.
Im Rahmen von vier Stationen erklärten Piffko und Wirth den Besuchern ihrer Wanderung viel Wissenswertes über die Zeit lange vor Christi Geburt.
Wirth begann mit den Jägern und Sammlern. Über 90 Prozent der Zeit lebten die Menschen als Jäger und Sammler, nicht als Ackerbauern und Viehzüchter. Eine Welt mit wenig Arbeit, viel Freizeit, Raum um umher zu streifen, wenig Konflikten zwischen den Gruppen, keinen Zivilisationskrankheiten wie beispielsweise Karies. Die Lebenserwartung der Menschen war - trotz der Tatsache, dass es oft behauptet wird - auch nicht kürzer als zu Zeiten der Sesshaftwerdung. Ganz im Gegenteil, die Menschen lebt im Schnitt länger und gesünder. Die Kost war abwechslungsreicher. Der Mensch war im Paradies.
Piffko erklärte im weiteren Verlauf der Wanderung, dass der Mensch aus dem Paradies vertrieben wurde. Nicht durch den Baum Erkenntnis, jedoch durch die Erkenntnis, dass Ackerbau und Viehzucht möglich waren. Der Mensch grub sich die eigene Grube. Die erste nachweisbare Kultur, die in unseren Breitenkreisen zu den Ackerbauern und Viehzüchtern zu rechnen ist, sind die sogenannten Bandkeramiker. So benannt nach den Verzierungen ihrer Gefäße. Sie sind für Kelkheim nachweisbar.
Erst im Jahr 2022 führte das Unternehmen von Sascha Piffko, SPAU, eine sogenannte Prospektion am Hühnerberg durch. Die Ergebnisse waren eindeutig. Bandkeramiker in Kelkheim. Michael Sturm-Berger hatte entsprechende Keramikfunde bereits in den 1970er Jahren gemacht.
Wirth hatte als Anschauungsobjekt zudem noch ein prähistorisches Beil mitgebracht. Die Besucher waren fasziniert von der fein gefertigten Arbeit unserer Vorfahren vor rund 4000 Jahren.
Station drei auf der Wanderung war den prominenten Archäologen und Persönlichkeiten unserer Region im 19. Jahrhundert gewidmet. Erst ab 1859 wurde das hohe Alter der Menschheit allgemein anerkannt. Im selben Jahr erschien Darwins Über die Entstehung der Arten.
Einer der frühesten Ausgräber war niemand Geringeres als Friedrich von Gagern. In der Halbehl fand er ein „Opfermesser“. Sein Bruder Max tat es ihm 1859 gleich, fand Waffen, Gefäße und Schmuck.
Landeskonservator Carl August Ritter von Cohausen führte in 1880er Jahren diverse Ausgrabungen durch, gemeinsam mit Baron Albert und Antonie von Reinach. Zudem noch Frau von Dieskau vom Rettershof.
Die letzte Station markierte gleichsam den Höhepunkt der Wanderung. Das Hügelgräberfeld in der Halbehl.
Piffko erzählte über den Sinn der Errichtung der Gräber, die damaligen Menschen, die Bronzezeit.
Sie erzählen uns etwas über Religion, über Besitzverhältnisse und Hierarchie. Gerade dieses Kelkheimer Gräberfeld sei gut erhalten, urig, faszinierend. Aber auch bedroht. Durch die Forstwirtschaft und vor allem durch Raubgräber und illegale Sondengänger.
Piffko appellierte und sensibilisierte die Teilnehmer der Wanderung.
Zum Abschluss boten die beiden Führenden noch ein geselliges Beisammensein beim Fröhlichen Landmann an. Dem kamen viele Gäste der Wanderung nach.
Eine rundum gelungene Veranstaltung mit definitiver Wiederholungsgefahr. Sascha Piffko und Julian Wirth bedanken sich bei den Besuchern der Wanderung und bei Jürgen Moog, der einmal mehr hervorragende Photographien gemacht hat.
Text: Julian Wirth
Fotos: Jürgen Moog
Sonntag, 10. September 2023 16:00 Uhr