Zurückliegende Veranstaltungen
Führung durch die Sonderausstellung
am 18. Mai 2023, 15:00 Uhr
in der Alten Kirche Hornau
mit dem Historiker Rüdiger Kraatz
Schwerpunkt: „Epochen der deutschen Verfassungsgeschichte“
Die erste Führung zu diesem Sonderthema fand am Sonntag, dem 18. Mai 2023 statt, die zweite ist für den 8. Juni vorgesehen (jeweils 15 Uhr).
Neben einer (leicht verkürzten) Führung durch die Ausstellung bot diese Veranstaltung einen Überblick über die Geschichte des Parlamentarismus und der Verfassungen in Deutschland und Europa.
Herr Kraatz zeigt die Karte des Deutschen Bundes (1815 - 1866), einem Zusammenschluss von 39 eigenständischen Staaten/Städten. Dessen repressiver politischer Kurs mit Pressezensur, Verhaftung von Oppositionellen führte zum Widerstand der naationalliberalen Bewegung.
Hier erläutert Herr Kraatz die Bedeutung der Freiherren von Gagern für die Entwicklung des deutschen Parlamentarismus. V.l. Charlotte und Hans Cristoph von Gagern sowie die "drei politischen Brüder" Friedrich, Heinrich und Maximilian von Gagern.
Das Modell des Gutshauses der Familie von Gagern in Hornau, welches die Situation im Jahr 1870 wiedergibt.
Am 30. März 1848 zogen die Mitglieder des Vorparlaments in die Frankfurter Paulskirche ein. Nach der später durchgeführten Wahl bezogen am 18. Mai 1848 (also exakt vor 175 Jahren) die Abgeordenten der Nationalversammlung ihre Plätze in der Paulskirche.
Das große Verdienst der Nationalversammlung war die Schaffung des am 21. Dezember 1848 verabschiedeten "Reichsgesetzes betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes" sowie die am 27. März 1949 verabschiedete Reichsverfassung. Auch wenn die Verfassung nie in Kraft trat, so wirkten die Impulse der Frankfurter Nationalversammlung fort bis in die Zukunft.
In einem historischen Überblick wurden frühe Formen von Versammlungen mit Herrschern und ausgewählten Untertanen vorgestellt. Seit dem Mittelalter waren in Europa vor allem drei Kräfte ins Machtspiel getreten, mit denen die Herrscher in Verhandlung treten mussten: der hohe Adel (z. B. bei der Magna Charta), die großen Städte (mit ihrer wachsenden Wirtschaftskraft und einem sich emanzipierenden Patriziat) und die freie Bauern, für die es bis weit in die Neuzeit noch Möglichkeiten der Selbstverwaltung und Verteidigung gegen Unterdrückung gab. Das Zeitalter der bürgerlichen Revolutionen und der Industriellen Revolution haben die alten Ständesysteme dann radikal verändert. Frankreich spielte 1789, 1830 und 1848 die Vorreiterrolle, auch für die Entwicklungen von Verfassungen.
In der Führung wurden die verschiedenen parlamentarischen Versuche in Deutschland vorgestellt und verglichen, die von historischer Bedeutung sind: das Verfassungswerk von 1848/49, die gesetzlichen Grundlagen für das Zweite Deutsche Kaiserreich, die Verfassung der Weimarer Republik und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Von der Herrschaft des NS-Regimes abgesehen, haben sich die Verfassungen langsam und in Sprüngen weiterentwickelt. Auf der Grundlage der Paulskirchenverfassung haben sowohl die Weimarer Politiker, als auch die Väter und Mütter des Grundgesetzes demokratische Grundlagen erarbeitet, die alle ihre Vor- und Nachteile hatten, und aus denen man nach 1945 zu lernen versucht hat. Ein wichtiger Fortschritt war beispielsweise die herausragende Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts.
In einer Rückschau bis zum Paulskirchenparlament wurden die Bruchlinien und Entwicklungen deutscher Geschichte illustriert und eröffneten Gelegenheiten für durchaus kontroverse Denkansätze. Hierzu wurden Beispiele aus verschiedenen Perspektiven historischer Berichte vorgestellt und die Bedeutung möglichst wertfreier, dem Streben nach Objektivität verpflichteter Arbeit hervorgehoben.
Text: Rüdiger Kraatz
Fotos: Jürgen Moog
Donnerstag, 18. Mai 2023 15:00 Uhr