Zurückliegende Veranstaltungen
Internationaler Museumstag am 21. Mai 2023
Motto: Nachhaltigkeit und Wohlbefinden
Angebot im Museum Kelkheim – Sammlung für Möbelhandwerk und Stadtgeschichte:
LOUIS-PHILIPP SITZMOBILIAR
AUS DEM HOFGUT DER FREIHERREN VON GAGERN
Das Hofgut in Kelkheim-Hornau war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie der Freiherren von Gagern. Zu ihr gehörte Heinrich von Gagern, der Präsident der Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt.
Zum 175-jährigen Jubiläum dieses ersten deutschen Parlaments präsentiert das Museum Kelkheim als Möbel des Jahres ein Salonsofa aus dem Hofgut und historische Stühle, letztere aus dem Besitz von Heinrich von Gagern - alles im Louis-Philippe-Stil.
Das Mobiliar des Hofguts wurde Anfang des 20. Jahrhunderts versteigert. Das Sofa wird seitdem in der Hornauer Familie der Leihgeberin Katharina Kofler, aktives Mitglied des Museumsvereins, nachhaltig genutzt und trägt weiterhin zu deren Wohlbefinden bei.
Es bot sich also an, dieses Sitzmobiliar am Internationalen Museumstag besonders zu würdigen.
Auch die Museumsbesucher – sie kamen sogar aus Hofheim und Offenbach – sollten sich wohlfühlen. So bot Petra Krause aus dem Vorstand des Museumsvereins zur Führung selbstgekelterten Apfelwein und -saft aus historischen „Gerippten“ ihres privaten Apfelweinglas-Museums an.
Marianne Bopp stellte als erstes die Exponate vor, die mit dem Salonsofa und den Stühlen ein zeittypisches Ensemble bilden: einen achteckigen Intarsien-Tisch, einen ovalen Spiegel mit originaler Vergoldung und die gerahmten Portraits von Hans Christoph Freiherr von Gagern und seiner Frau Caroline Freifrau von Gagern, genannt Charlotte. Das Ehepaar hatte zehn Kinder und empfing berühmte Gäste im Hofgut in einem repräsentativen Salon, in dem vermutlich schon das Salonsofa gestanden hat.
Die Geschichte der Familie der Leihgeberin erstaunte die Gäste: Als die Großmutter um 1910 das Sofa ersteigerte, war ihr in Lothringen geborener Mann schon aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Dort hatte er im bekannten Hotel Waldorf Astoria gearbeitet. Mit seiner Familie zog er auch für kurze Zeit in seine Heimat; bald war man aber zurück in Hornau, das mit Strom und fließendem Wasser schon bescheidenen Komfort bot. Französisch blieb wichtig für die Familie.
Das verbindet mit der weltläufigen Familie von Gagern.
Oben v.l.: Die Eltern Charlotte und Hans Christoph von Gagern sowie die Söhne Friedrich, Heinrich und Max von Gagern.
Unten v.l.: Brücke zum Hofgut über den Liederbach, Burg Königstein und die Gagerngräber auf dem Hornauer Friedhof
Der Vater Hans Christoph hatte in Paris bei Napoleon für die Gründung des Herzogtums Nassau verhandelt, bevor er 1818 das Hornauer Hofgut erwarb. Der jüngste Sohn, Max von Gagern, erbte das Hofgut nach dem Tod der Eltern. Auch die weitere Geschichte des Hofguts mit ihren vielfältigen Bezügen zu Nassau waren Thema der Führung, desgleichen die Elemente des Louis-Philippe-Stils im Allgemeinen und bei den präsentierten Exponaten. Ein Chapeau-claque stand für die Mode der Zeit.
Für die ausgestellten Sitzmöbel wurde Nussbaum verwendet. Davon gibt es verschiedene Maserungen, die an einem Nachttisch im Museum zu erkennen sind und auch am Gral, dem Möbel des Jahres 2019, aus dem Kelkheimer Möbelhaus Lange innen ausbauen und einrichten.
Marianne Bopp stellte zum Abschluss Moritz von Gagen vor, weniger bekannter Bruder von Heinrich und Max. Er wirkte1951 wahrhaftig nachhaltig mit der Gründung einer Blindenschule und der Nassauischen Blindenfürsorge, die es bis heute gibt und mit der er sich für die Förderung und das Wohlbefinden der Blinden einsetzte, denen sonst damals meist nur das Betteln blieb.
Ich danke ganz besonders Petra Krause für ihren Einsatz bei den Führungen, Katharina Kofler für die vielen Informationen zu ihrem Sofa und ihrer Familie und Jürgen Moog für die gelungenen Fotos.
Marianne Bopp
Sonntag, 21. Mai 2023 15:00 Uhr