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Möbel aus Kelkheim
zwischen Tradition und Innovation:
Die Geschichte der Kelkheimer Möbel
Im Rahmen der Kelkheimer Möbeltage veranstaltete der Museumsverein Kelkheim am 15. September 2019 eine Sonderführung mit Rüdiger Kraatz zur Geschichte der Kelkheimer Möbel.
Ähnlich wie im vergangenen Jahr begann Rüdiger Kraatz seine Führung mit einer historischen Übersicht über die Entwicklung von Möbeln überhaupt. Anhand von Bildern über Steinzeitbehausungen und die Nutzung von Stabholz, zunächst zum Bau von Hütten, und dann von Sitzgelegenheiten, wurde in einfache Formen der Holzverarbeitung eingeführt.
Die sesshaften Menschengruppen lernten schließlich größere Gebäude und einfache Inneneinrichtungen aus Holz zu bauen – der Beginn des Handwerks der Zimmerleute. Die meisten Einrichtungsgegenstände im Mittelalter konnten noch von den meisten Menschen in Stadt und Land hergestellt und ausgebessert werden. Truhen dienten zur Aufbewahrung von Gegenständen aller Art. In der Renaissance kamen mehr und mehr elaborate Schränke für wohlhabende Bürger in Mode, was eine Spezialisierung der Holzverarbeitung erforderte.
Dies war der Beginn der Tischler- oder Schreinerzunft. Am Beispiel eines Vertikos in der Dauerausstellung wurde gezeigt, wie sich einige Traditionen von Renaissance-Schränken noch im 20. Jahrhundert wiederfinden.
Anhand der Beispiele von Möbeln in der „Straße der Schaufenster“ wurden die verschiedenen Fertigungs- und Stilepochen erklärt. Zugleich wurde erläutert, wie sich gerade in Kelkheim eine ungewöhnlich erfolgreiche Schreinertradition entwickeln konnte.
Als besondere Ausstellungsstücke wurden der Frankfurter Schrank von Erwin Pleines und die Palastmöbel von Haile Selassi vorgestellt. Diese Möbel und verschiedene große und kleine Möbelwerkstätten wurden im Zusammenhang mit den historischen und sozialen Gegebenheiten beschrieben. Das Kelkheimer Netzwerk von Möbelschreinern, Sägewerken, Stuhlherstellen, Polsterspezialisten, Schnitzern, fähigen Gewerbelehrern u.a. war in ganz Deutschland und darüber hinaus bei Fachleuten gut bekannt.
Historische Karte von Kelkheim, in der Anika Janas alle Schreinereien aufgeführt hat
Zum Erfolg beigetragen haben auch viele kleinere Schreinereien, die mit viel Fleiß und Innovationsbereitschaft Produktionsnischen (z. B Schrankbetten, Spieltische, patentierte Hobel) erschlossen haben.
Der letzte Teil der Führung konzentrierte sich auf die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Der Schreibtisch von Karin Schade im Bauhaus-Stil (Möbel des Jahres 2015) ist ein seltenes Beispiel einer modernen Holzarchitektur. Im Zusammenhang mit dem Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“ war die Darstellung dieses Zusammenhangs sehr angebracht. Zur Illustration hat das Möbelhaus Stelzer verschiedene Kleinmöbel im modernen Bauhausstil für die Sonderführung im Museum bereitgestellt.
Diese Präsentation stand außerdem in einem weiteren Zusammenhang: Es galt „100 jahre Möbelhaus Stelzer“ zu feiern. Tische, Stühle und passende Beleuchtungskörper demonstrierten einige Möglichkeiten von Wohnkultur, wie sie dieses Haus seit langer Zeit erfolgreich verkauft.
Dies gilt auch für die Erzeugnisse des Möbelhauses Lange, die jüngst vor allem durch die Produktion der „Apple-Hocker“ für die Apple Stores und dem Hocker „Gral“ aufgefallen sind. Letzterem ist zur Zeit die Sonderausstellung „Möbel des Jahres 2019“ gewidmet. Mit diesen positiven Beispielen Kelkheimer Innovationen wurde die Führung abgerundet und beendet.
Text: Rüdiger Kraatz
Fotos: Jürgen Moog
Sonntag, 15. September 2019 14:00 Uhr