Zurückliegende Veranstaltungen
Führung durch die Fotoausstellung
zum 1150. Jubiläum von Hornau
Im Rahmen des zweitägigen Festprogramms zur 1150 Jahrfeier Hornaus gab der in Hornau vor 88 Jahren geborene Hans Grimm am 23. Juni 2024, 16:30 Uhr in der Alten Kirche Hornau Erläuterungen zu der Ausstellung:
„Das Objektiv auf Hornau: Eine fotografische Reise“.
Saal des Gasthauses „Zum Taunus“ (Schäfer-Jakob) um 1920
Elternhaus von Vater Jakob Grimm, dessen Vater Christian aus Gönz (bei Amorbach) nach Hornau kam und Käthchen Pleines heiratete. Das Haus befindet sich Am Flachsland 3. (Zu sehen sind vor dem Haus der Onkel von Hans Grimm, Karl, sowie in den Fenstern seine Oma Käthchen, seine Tante Maria und sein Vater Jakob)
Hans Grimms Enkel Carl (damals 6 Jahre) hatte ihn ständig gebeten, aus seiner Bubenzeit zu berichten. Um ihm das Verständnis zu erleichtern, hat Hans Grimm einige Begebenheiten in Verse gefasst:
- Der Kuss
- Die Mutter meines Vaters, meine Oma Käthchen Grimm
- machte manchmal ein Theater, das war schon wirklich schlimm.
- Sie wohnte „ An dem Flachsland 3 „ meiner Schul ´sehr nah ´.
- es war nicht zu vermeiden, dass sie mich öfter sah.
- Sie stand am großen Schultor, und wartete auf mich.
- Ich ging dann hin und grüßte sie, sie drückte und sie küsste mich.
- Das kannte ich von früher und hat mich auch gefreut,
- das war jedoch zu Hause und nicht vor alle ´ Leut ´.
- Weil sich das ständig wiederholte, war es für mich ´ne Qual,
- ich stand wie auf der Bühne in einem großen Saal.
- Kinder, Lehrer auf dem Schulhof, sah ´n belustigt zu.
- Doch dies fast tägliche Ritual ließ mir keine Ruh ´.
- Noch eine Sache störte mich, es war nicht angenehm.
- Meiner Oma fehlten Zähne, nicht lustig an zu seh ´n.
- Der Kuss war nass und saftig, bestrich die ganze Wange.
- Der ganze Auftritt war mir lästig, mir wurde angst und bange.
- Denn mittlerweile, ohne Hohn, war das ´ne Schulhof – Attraktion.
- Meine Klassenkameraden, hatten das auch mitbekommen
- jedes Mal um uns herum, hatt ´ich dieses Publikum.
- Deshalb fasst ´ich den Entschluss, dass ich mich verstecken muss.
- Hinter ´m Schulhaus, Giddi – Seite, fand ich, ist der rechte Ort.
- Die Oma konnte mich nicht sehen, ich war aus ihrem Blickfeld fort.
- Doch ich hatte mich verrechnet, sie hatte mich schon längst vermisst
- und sie fragt die Schulhofkinder, wo denn wohl das Hansi ist
- Diese Frag ´wird aufgenommen, die Korona kommt in Fahrt.
- Das was jetzt kommt war sehr peinlich und für mich auch wirklich hart.
- „ Hansi komm ´aus dei ´m Versteck „ erscholl es laut im Chor,
- „ dei Oma will e ´n Kuss dir geben, sie steht schon an dem Tor.
- Da half kein Zieren, Widerstreben, hab ´mich ergeben müssen.
- Geschlagen ging ich an das Tor zum nächsten Oma – Küssen.
- Die Zeiten sind schon längst vergangen, es war alles halb so schlimm,
- wenn ich nach Hornau gehe, denk ich an Käthchen Grimm
- Unser Enkel, sechs ist er jetzt, ist dieser Art auch ausgesetzt.
- Auch seine Oma treibt das Verlangen ihn zu küssen auf die Wangen.
- Da er kennt meine Geschicht, sagt er „ Oma´, bitte nicht „
- Es hilft auch hier kein Widerstreben, so sind die Omas eben.
Elternhaus von Hans Grimm in der Vordergass
DIE VORDERGASS
Die Vordergass, hatte ein Pflaster, für Mensch ´ und Tier ein Desaster.
Total mit Bachkatzen belegt, das hat Viele aufgeregt.
Die Straßendecke war nicht flach, bereitet ´ deshalb Ungemach.
Die Fremden hatten ein Problem auf dieser „ Gass „ einher zu gehen.
Die Vordergässer, ohne Frage, sahen darin keine Plage.
Denn wer die Schwierigkeiten kennt, wird gegen sie auch resistent.
Ob Groß, ob Klein, ob Jung ob Alt, die Sache ließ sie einfach kalt.
Man hatt ´sich so an sie gewöhnt, Kritik an ihr war fast verpönt.
Sie war, und das war Allen klar, ein selten Straßenexemplar.
Pulsierend schien das Leben dort, ein Zentrum in dem ganzen Ort.
Fuhrwerke fuhr ´n im Zotteltrott, man hörte ständig Hü und Hot.
Alle strebten auf das Feld , schon immer hieß es : Zeit ist Geld.
Und wenn man früher noch so rannte, traf man Freunde und Bekannte,
hielt man an, begann zu plauschen Neues und Witze auszutauschen.
Das gehörte zur Lebensfreude und keinen gab ´s der dies bereute
Man war so auf dem neu ´sten Stand, manche Nachricht war pikant.
Könnt ´die Vordergass berichten, gäb´ es vielerlei Geschichten.
Oder Antwort auf die Fragen, wie war ´s in Hornau ´s großen Tagen ?
als die Gagern hier noch lebten und nach wirklich Großem strebten.
Vieles würde offenbar, wie es früher einmal war.
Die alte Kirche, die an ihr steht, hörte so manches fromme Gebet.
Das älteste Haus in Fachwerk prächtig, wurde erbaut fünfzehnachtundsechzig.
Das Pingstebörnche, die alten Brunnen, stützten die Erinnerungen.
Die Zeugen der Vergangenheit erfüllten uns mit Dankbarkeit.
Wie war es in den großen Kriegen, als viele Männer im Felde blieben ?
Wie sind Familien zurechtgekommen, denen Mann und Vater genommen ?
Wie war es in dem Schicksalsjahr, besonders am 2. Februar ?
Halb Hornau brannte lichterloh, alle überlebten und waren froh.
Die Vordergass legt ´Trauer an, wenn man den Weg zum Friedhof nahm.
Denn schwarz zeigt sich der Trauerzug, wenn Tote man zu Grabe trug.
Die Toten liegen hier vereint, unvergessen und beweint.
Schon zu Lebzeiten wussten sie das : wir liegen nah ´der Vordergass.
Zog die Kerb dann in das Land, war man außer Rand und Band.
Die Fröhlichkeit steckt ´alle an , ob Bub, ob Mädchen, ob Frau oder Mann.
Es wurd ´getanzt, gefeiert, gesungen, schön sind die Erinnerungen
Das Schubkarrenrennen voller Schwung begeistert die Bevölkerung.
Der Vordergasse schönster Tag war immer der Fronleichnamstag
Alle machten sich Gedanken, wie man dem lieben Gott kann danken.
Vier Altäre gab ´s zu schmücken, Kinder gingen Blumen pflücken
Frische Kränz ´ aus Zweigen der Tannen, galt es über die Straße zu spannen.
Die Männer holten ziemlich fleißig, aus dem Walde Birkenreisig
Bestreut wurd ´dann die ganze Gass ´mit frisch gemähtem grünen Gras
Denn Dankbarkeit ist ein Gebet, das direkt nach oben geht
Von Herzen kam der Lobgesang, der von hier zum Himmel drang.
Wohnhaus der Familie Simon, der das Hofgut auf der Adolfshöhe gehörte. Nach dem 2. Weltkrieg wurde dort ein Kinderheim untergebracht.
Lebensmittelgeschäft Johann Herrmann, genannt „Bei der Klara Babett“
Zu sehen ist der Hornauer Hartmut Wittekind bei der Renovierung der Alten Kirche. Er rettete die Kirche vor dem totalen Verfall/Abriss. In dieser Kirche war Hans Grimm über viele Jahre mit seinen Kameraden Ministrant.
Johann Herrmann und Klara Babett hinter der Verkaufstheke ihres Lebensmittelladens.
Einzug der katholischen Jugend mit ihren Bannern im Rahmen der Einweihung der St. Martinskirche. Dies war die großartigste Gemeinschaftsleistung der Pfarrgemeinde.
Klapperbuben in der Vordergass (um 1920) vor dem Haus Leuschner, genannt "Das Hannache" oder "Leuschner Greta". Das Hannache hat jahrelang Beerdigungskränze gewunden.
Die folgenden Verse handeln von den Klapperbuben, eine jahrzehntelange Tradition, bei der die Buben (bis zum Schulabschluss) von Gründonnerstag, 12:00 Uhr bis Karsamstag, 06:00 Uhr durch Hornaus Gassen zogen.
- K L A P P E R B U B E N
- Die Fastenzeit, die nahm kein Ende, sie war halt einfach viel zu lang.
- Alles wurde ruhig und ruhiger, am Schluss fehlte der Glocken Klang.
- Die Leute gingen mehr zur Kirche, dem Pfarrer waren sie ganz Ohr.
- „ O Haupt voll Blut und Wunden...“ erklang der Frommen Chor
- Fast – und Abstinenzgebote, wir spürten diese Lasten.
- Den Buben fiel ´s besonders schwer, das wochenlange Fasten.
- Die Essrationen wurden kleiner, freitags auf dem Tisch kein Fleisch.
- Stattdessen gab ´s, was nicht mal schlecht war, Fisch bei Arm und Reich
- Dagegen war gar nichts zu machen, da half auch wirklich kein Tumult.
- Wir wussten ja, das wird sich ändern und übten uns in der Geduld.
- Das war das „ Klappern „, ohne Frage, das Hauptereignis für drei Tage.
- 12:00 Uhr Gründonnerstag fing ´s an und dauert bis Karsamstag dann.
- Die Glocken waren ausgefallen, ihre Seelen war ´n in Rom.
- So sprach der Volksmund allenthalben, das wussten wir als Kinder schon.
- Klappern war ein Ehrenjob, fast alle Buben machten mit.
- Man musste es nur richtig können, was nötig war, war ´n Takt und Schritt.
- Der strenge Klappervatter, prüft ´alle Kandidaten, soweit sie darum baten.
- War alles klar, gab ´s kein Problem, sie konnten mit der Gruppe geh ´n.
- Sechs mal klappern hieß es dann, das war unser Vollprogramm.
- Eifrig war ´n wir bei den Proben, unser Fleiß war hoch zu loben.
- Entsprechend zu der Tageszeit ,ertönte unser Sprechgesang.
- „ Es ist zwölf Uhr „ hieß es mittags und ersetzt der Glocken Klang
- „ Ave Maria „ erschallt ´s am Abend durch den ganzen Ort.
- „ Ihr Schläfer wachet aus der Ruh „ setzt ´s sich frühmorgens fort.
- Start war die Gemarkungsgrenze, die unsren Ort von Kelkheim trennt.
- Peinlich wurde ´drauf geachtet, dass keiner den Termin verpennt.
- Tür und Fenster gingen auf, wenn durch den Ort wir zogen.
- Die Leute standen an der Strasse, wenn wir um die Ecke bogen.
- Bewundernd waren ihre Blicke, das machte uns gewaltig stolz.
- Und das Klappern wurde lauter, wenn wir schlugen Holz auf Holz.
- Früh am Karfreitag und Karsamstag, alles lag in tiefer Ruh,
- schlichen wir ganz leis ´und heimlich unsrem Klappertreffpunkt zu.
- Zuerst berieten wir den Plan, wie ´s Andre schon vor uns getan.
- Schlag fünf Uhr morgens war der Start, für Langschläfer bestimmt sehr hart
- Wir sangen laut, klapperten kräftig, der Schrecken für sie war schon heftig.
- Andre guckten aus den Fenstern, verglichen uns mit Schreckgespenstern.
- Die Höhepunkte, das war der Spaß, war ´n Leute in der Vordergass.
- Das war halt lange Tradition, das wussten die Betroffnen schon.
- Zwei , drei Adressen war ´n im Focus, mit denen machten wir den Jokus
- Ein fromm ´Vergnügen war das nicht, trotzdem war ´n wir drauf erpicht.
- Ahnend was passieren könnte, hat uns vorher schon bewegt,
- deswegen unsre Schar sich außer Reichweite bewegt.
- Der Straße andre Seite, war ein sichrer Platz,
- hier konnt ´uns das nicht treffen, was folgt auf den Rabatz
- Bevor wir nun ein Haus erreichten, unsre Taktik war ganz klar
- änderten wir die Handlungsweise, denn störend war, was dann geschah.
- Wir klapperten und sangen leiser, die Spannung hatte uns erfasst,
- was auf Kommando „ drei „ erfolgte, war, was jeder Schläfer hasst.
- Laute Tritte, Ratschenlärm, lautes Klappern noch dazu
- und unser provozierend Singen „ Ihr Schläfer wachet aus der Ruh „
- Fensterläden flogen auf, die Gesichter zeigten Ärger,
- wir hatten unser Ziel erreicht, unser Gejohle wurde stärker.
- Doch Vorsicht war nun jetzt geboten, die Rache folgte auf dem Fuß,
- des Nachttopfs Inhalt, der nun kam, war wirklich kein Genuss.
- Denn trotz des Abstands, den wir hatten, bestand doch die Gefahr,
- dass einer noch getroffen ward aus unsrer Buben Schar.
- Schützend stieben wir auseinander, formierten uns aber wieder schnell,
- wir hörten der Leute lautes Geschimpfe und der Hunde Gebell.
- Der erste Streich war uns gelungen, dieser Sieg war unser
- Am Steinern Kreuz nach der Hohl, sprachen wir das „ Vater unser „
- Karsamstag war der Höhepunkt der klappernden Saison.
- Bedacht wurde ein andres Haus, das wussten alle schon.
- „ Zum letzten Mal für diese Jahr „ so sangen wir im Chor.
- Noch viele von uns haben ihn, zurückdenkend im Ohr.
- Wir gingen noch ´mal ´zu dem Kreuz, unser Einsatz war zu Ende
- wir hatten es wieder geschafft und formten zum Gebet die Hände
- Ostern steht nun vor der Tür, zu End ´die Fastenzeit
- Wir mussten zu dem Kloster noch, das war nicht allzu weit.
- Der Kirchweg führte uns dort hin, die Ufer voll mit Hecken,
- für uns eine Herausford ´rung, sie alle anzustecken.
- Lichterloh die Hecken brannten, unser Osterfeuer,
- für viele, die ´s von weitem sahen, sicher nicht geheuer.
- Am Kloster angekommen, war Johrn voll in Aktion,
- das richt ´ge Osterfeuer brannte für alle schon.
- Danach begann die Feier, viele Stunden lang
- „ Das Grab ist leer der Held erwacht „ dann die Gemeinde sang.
- Nur einmal fiel das Klappern aus und das ist leicht erklärlich
- Ratschen, Klappern, Sprechgesang war einfach zu gefährlich.
- Wie Schüsse aus Gewehren hört sich das Klappern an,
- dass dies Gefahr bedeutet, da ist schon etwas dran
- Wir hatten uns schon aufgestellt und war ´n bereit zu starten,
- kam meine Patin her des Wegs und sagt, wir sollen warten.
- Von Kelkheim eilte sie herbei, erzählt was sie gesehen,
- die Amis waren einmarschiert, ein erwartetes Geschehen.
- Gründonnerstag, März 45, das war die große Wende,
- für uns war jetzt nun alles klar, der Krieg ist hier zu Ende.
- Die Verwirrung war nun groß, was wird die Zukunft bringen.
- Das Klappern wurd ´zur Nebensach, und auch das laute Singen.
- Doch ein Jahr später kaum zu glauben, kam der Erinnerung Lohn,
- wir klapperten und sangen froh, in ungebroch ´ner Tradition.
- Die Erfahrung jener Tage aus unsrer Kinderzeit,
- kommen zu uns als liebe Grüße der Vergangenheit.
Text: Hans Grimm
Fotos: Jürgen Moog
Sonntag, 23. Juni 2024 16:30 Uhr